8. Kazoh Kitamori: Theologie des Schmerzes Gottes

Das Buch "Theologie des Schmerzes Gottes" verfasste der Japaner Kazoh Kitamori bereits im Jahr 1946; doch erst nachdem es ins Englische und Deutsche (1972) übersetzt worden war, konnten seine Gedanken auch in der europäischen Theologie Fuß fassen.

Kitamori beginnt seinen Gedankengang mit der Aussage: "Der Wille Gottes, den Gegenstand seines Zornes zu lieben - das ist Schmerz Gottes. ... Der Gott, der den Sünder dem Tod überantworten muss. Streitet mit dem Gott, der den Sünder liebt" (S.17). Einerseits zürnt Gott mit den sündigenden Menschen; andererseits liebt er sie. Beide Sätze scheinen unmöglich vereinbar, und trotzdem sind beide Satze wahr. Die Spannung, die zwischen Gottes Zorn und Gottes Liebe entsteht, kennzeichnet Kitamori mit dem Stichwort "Schmerz" Gottes.

In der Person Jesu Christi wird der Schmerz Gottes nun für die Menschen zur konkret erfahrbaren Wirklichkeit. Gottes Schmerz bleibt nicht eine abstrakte Idee in der geistigen Welt, sondern er nimmt im geschichtlichen Jesus Gestalt an. Kitamori redet von der "Wirklichkeit des Schmerzes Gottes in der Person Jesus Christus" (S.34). Im Kreuz Jesu Christi nun sieht Kitamori die Gleichzeitigkeit von Gottes Zorn gegen den Sünder und Gottes Liebe für denselben auf die Spitze getrieben, so dass "der Gott, der als Vater seinen Sohn sterben lässt .. in solchem Handeln Schmerz erleidet" (S.44). Zorn und Liebe Gottes vereinigen sich im Kreuz; das ist der Schmerz Gottes. Durch das Kreuz verursacht Jesus Christus aber auch Vergebung der Sünde für den Menschen. Folglich kommt Kitamori über diesen Gedankengang zu der Formulierung: "Der Schmerz Gottes ist konkret gesagt die Vergebung der Sünde" (S.37).

Kurz: Gott bringt den sündigenden Menschen gleichzeitig Liebe und Hass entgegen. Das Miteinander dieser gegensätzlichen Pole ist der Schmerz Gottes, der im geschichtlichen Jesus Christus erfahrbare Wirklichkeit wird.

Quelle: Kazoh Kitamori: Theologie des Schmerzes Gottes. Göttingen 1972

Denkanstoß: Inwiefern hängt der emotionale Schmerz im Zusammentreffen von Zorn und Liebe Gottes dann noch mit dem körperlichen Schmerz Jesu bei der Kreuzigung zusammen? Wird der körperliche Schmerz verzichtbar?

Nils Krückemeier